Das Kantonsforstamt führte im Wangental eine Waldbegehung durch.
Gestern lud das Kantonsforstamt die Presse zu einer Waldbegehung im Wangental
ein, denn heute findet der Internationale Tag des Waldes statt, zudem
hat die Uno das Jahr 2003 zum «Jahr des Wassers» erklärt.
Das Kantonsforstamt verband die beiden Themen, um über die Leistungen
des Waldes bezüglich Wasserversorgung, Wasserqualität und Gewässer
als Lebensraum zu orientieren. «Ziel ist es, über die Bedeutung
der Wälder zu informieren», sagt Bruno Tissi, Kantonsforstmeister,
«damit ihre Leistungen als Schutzfunktion, Erholungsort, Lebensraum
für Pflanzen und Tiere sowie Rohstoff- und Holzproduzent bekannt
und stärker anerkannt werden.» Zudem soll für die nachhaltige
Bewirtschaftung der Wälder Verständnis geschaffen werden. Letztlich
werde durch die höhere Wertschätzung auch die Beziehung zum
Wald gestärkt.
320 Kilometer Fliessgewässer
Bruno Schmid, Kreisforstmeister, gab Auskunft über den Zustand der
Fliessgewässer im Kanton Schaffhausen. «Hier, am Ernstelbach,
befinden wir uns an einem der schönsten Waldbäche in unserer
Region», sagt er. «Er gehört zum System der Fliessgewässer
im Kanton Schaffhausen, das insgesamt eine Länge von rund 320 Kilometer
aufweist. Davon befinden sich 242 Kilometer beziehungsweise 75 Prozent
im offenen oder überbauten Land, 78 Kilometer verlaufen durch den
Wald.» Als Methode zur Untersuchung des Zustandes der Fliessgewässer
dient die ökomorpholo-gische Klassierung. «Der Unterschied
zwischen Wald und offenem Land ist offensichtlich», sagt Schmid.
«85 Prozent der Fliessgewässer im Wald werden als natürlich
oder naturnah beurteilt, weitere 11 Prozent sind wenig beeinträchtigt.
Im offenen Land werden lediglich 13 Prozent der Fliessgewässer als
natürlich oder naturnah bezeichnet, 41 Prozent sind beeinträchtigt
und 14 Pro-zent künstlich. Rund ein Drittel ist eingedohlt.»
«Das Grundwasser aus dem Schweizer Wald enthält im Vergleich
zu anderen Wassergewin-nungsgebieten deutlich weniger Schadstoffe»,
erklärt Schmid, «dies, weil fast keine umweltgefähr-denden
Stoffe in den Boden gelangen können und der Waldboden durch den hohen
Humusgehalt eine hervorragende Filterwirkung hat.»
Von den 20 Quellen des Bachsystems im Wangental liegen 15 im Wald. Eine
besonders schöne und weitgehend unbeeinflusste Juraquelle ist die
Quelle des Ernstelbaches. «Dabei handelt es sich um eine Sturzquelle,
bei der das Wasser unter einer Felswand heraussprudelt und in einen breiten
Quellbach übergeht», erklärt Schmid.
Feuersalamander und Muscheln
Die reichhaltige Tierwelt des Lebensraums Bach zu entdecken, ist nicht
einfach. Ein Grossteil der heimischen Bachbewohner führt ein Leben
im Verborgenen - in Uferhöhlen, in Steinspalten, auf der Bachsohle
oder in Verstecken im Uferbereich. Zu der speziellen Fauna gehören
viele wirbello-se Kleintiere wie Köcherfliegen, Eintagsfliegen, Ufer-
und Steinfliegen, Zweiflügler, Käfer, Was-sermilben, Plattwürmer,
Schnecken, Flohkrebse, Wasserasseln und Krebse. Ebenfalls kommen verschiedene
Molch-, Kröten-, Frosch- und Unkenarten vor.
«Waldbäche sind der typische Lebensraum der Larven des Feuersalamanders»,
sagt Herbert Bil-ling, Biologe. «Dieser ist im Kanton Schaffhausen
weit verbreitet, gilt aber gesamtschweizerisch und in Baden-Württemberg
als gefährdet.» Die Feuersalamanderlarven sind weitgehend die
einzi-gen Amphibienlarven, die im Fliesswasser leben. Ebenfalls kommt
im Seegraben die dicke Bach-muschel vor, die in ganz Mitteleuropa gefährdet
und als vom Aussterben bedroht eingestuft ist. Grund für den drastischen
Rückgang ist die fast flächendeckende Strukturbeeinträchtigung
und Düngerbelastung der kleinen Mittellandbäche sowie unsachgemässer
Bachunterhalt. Der hiesige Restbestand lässt sich durch das bewaldete
Einzugsgebiet, das sauberes Wasser bewirkt, und durch den Fischbestand
erklären, denn die Bachmuschel ist bei der Fortpflanzung auf Fische
an-gewiesen.
Gefährliche Strassen
Amphibien leben auf dem Land und im Wasser. «Die meisten Arten verbringen
den grössten Teil ihres Lebens im Wald», erklärt Billing.
«Für die Fortpflanzung benötigen sie aber Kleingewässer,
da die Larvenentwicklung im Wasser stattfindet. In der Fortpflanzungszeit
kommt es deshalb zu den Laichwanderungen. Wenn stark befahrene Strassen
überquert werden müssen, treten hohe Verluste auf, die zum Aussterben
der ganzen Population führen können.» Um dies im Wangental
zu vermeiden, gibt es eine hervorragende grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
«Auf der Schweizer Seite werden die Amphibienzäune durch das
Tiefbauamt installiert», sagt Billing. «Auf deutscher Seite
ist Reinhard Riegel aus Dettighofen zuständig. Er betreut die Anlage
seit vielen Jahren ehrenamtlich und erfasst die wandernden Amphibien statistisch.»
Spezielle Pflanzenwelt
Der Waldbach hat auch eine spezielle Flora. «Am Rand finden wir
meist Moose, Gräser wie Schmielen und Seggen, Pestwurz, Supfdotterblumen
und Baumarten wie Schwarzerle und Wei-den», erklärt Billing.
«Im Ernstelgraben gibt es den seltenen Lerchensporn-Ahornwald.»
Die Bäu-me entlang eines Baches haben wichtige Funktionen: Sie dienen
als Wasserspeicher, stabilisieren das Erdreich, verhindern Erosion und
spenden verschiedenen Tierarten Schatten.»
(dat.)
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