Verein Wangental Natur Pur

Ein Projekt unterwegs: Hochwasser- und Natur-schutz

21. Mai 2002
andere Seite

Eine erfolgreiche Trägervereinsgründung, breites Echo aus der Bevölkerung, positive Si-gnale von Gemeinde und Kanton und gutes Medieninteresse. Das sind die Stichworte zum Projekt Biotop und Hochwasserschutz im hinteren Wangental.

von Peter Spescha, Rheinau

Ein Bubentraum stand am Anfang: Als Junge sei er auf dem nach Hochwasser auf dem See hinter dem Ernsteldamm herumgepaddelt und habe Mäuse und Eidechsen vor dem Ertrinken gerettet. So beschreibt Adrian Stadelmann, Präsident des Vereins Wangental Natur Pur, den Ursprung des Projektes. Nachdem er kurz nacheinander mit der Biologin Gabi Uehlinger und dem Umweltberater Peter Spescha über seine Idee gesprochen hatte, war der Weg für das Projekt und die Vereinsgründung geebnet.

Geschichten zur Geschichte
Das Wangental liegt zwischen Osterfingen und Jestetten, im Schaffhauser Klettgau. Gletscherzungen und Schmelzbäche formten das Tal nach der Würmeiszeit. Die Römer bauten ein Bad und einen Gutshof, das Kloster Rheinau züchtete Karpfen und Adelsleute bauten die Burg Radegg. Ingenieure planten eine Eisenbahnlinie und Politiker wollten eine Autobahn. Geblieben sind ge-heimnisvolle Burgruinen, ein Gasthof, ein Entwässerungstunnel. Geblieben ist aber auch ein oft von Hochwasser heimgesuchtes Tal und ein nur extensiv nutzbares Stück Wiese hinter einem Damm. Das Wangental wurde 1997 ins Bundesinventar der schützenswerten Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung BLN aufgenommen. Mit seinen Wiesen im Talgrund, den steilen, bewaldeten Flanken und seiner Abgeschiedenheit strahlt das Wangental Ruhe und Frieden aus, die einzig werktags durch den regen Pendlerverkehr gestört werden. Auf deutscher Talseite ist ein Naturschutzgebiet ausgegrenzt. Ebenfalls auf deutscher Seite befindet sich hinter dem Zoll im «Wüsten See» ein wichtiges Laichgebiet für Amphibien.

Der Bach im Damm
Bei Hochwasser stellt das Gelände im hinteren Wangental, oberhalb des Ernsteldammes, bereits heute eine Art Pufferzone dar. Nach starken Niederschlägen stehen die Wiesen oft tagelang unter Wasser. Sie können in diesem Bereich landwirtschaftlich nur beschränkt genutzt werden. Anderer-seits handelt es sich aber auch nicht um ein biologisch «wertvolles», das heisst von seltener Fauna und Flora belebtes Gebiet. Die Schaffung eines Ausgleichsbeckens und Biotops kann die Hochwassersituation im Wangental beträchtlich verbessern. Die Doppelfunktion trägt sowohl den Anforderungen eines sicheren Hochwasserschutzes als auch einer zeitgemässen Lebensraumgestaltung Rechnung.

Das sind die Ziele
Mit dem Projekt «Biotop und Hochwasserschutz im Wangental» verfolgt der Verein folgende Ziele:
• Das hintere Wangental soll zu einem ökologisch wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen aufgewertet werden.
• Zugleich soll das vordere Wangental wirksam vor Überschwemmung geschützt werden.
• Die Bevölkerung soll ein attraktives Naherholungsgebiet erhalten, das das Verständnis für die Vorgänge in der Natur fördert.

Einmal feucht, einmal trocken
Bei Hochwasser dient das Gelände oberhalb des Ernsteldammes bereits heute als Flutgebiet. Das Projekt sieht vor, dieses Gebiet in drei ökologisch wertvolle Lebensbereiche, Feucht , Schwemm und Trockenzone aufzuteilen. Die Feuchtzone soll über eine ständige Wasserfläche verfügen. Vor allem im Frühling, bei viel Niederschlag, wird auch die zweite Zone, die Feuchtzone überflutet. Die dritte Zone liegt ausser in Perioden besonders starker Niederschläge stets trocken. Sie dient bei Hochwasser als Rückhaltebecken. Die Aufteilung in drei Zonen bedingt verschiedene Erdarbeiten. So muss die Humusschicht entfernt, die Wasserzone ausgehoben und Schüttgut eingebracht werden. Für die Zonen 1 und 2 ist keine Bepflanzung vorgesehen, sie gelten als Pionierzonen. In der Zone 3 bleibt die bestehende Humusschicht erhalten. Mit einheimischen Sträuchern werden Hecken gepflanzt.

Achtung Umleitung
Der Ernsteldamm sperrt den Talboden zwischen der Kantonsstrasse 71 im Norden und dem Grenzweg im Süden ab. Der Ernstelbach unterquert von den nördlichen Seitenhängen kommend die Kantonsstrasse und fliesst dann in der Dammkrone nach Süden, bevor er hinter den Damm geleitet wird und sich wenige Meter vor der Schleuse in den Seegraben ergiesst. Im Laufe der Zeit hat er sich immer tiefer in die Dammkrone eingegraben und den Damm geschwächt. Das Projekt sieht vor, ihn aus diesem Bereich zu entfernen und hinter den Damm an der ständigen Wasserfläche vorbei zur Schleuse zu leiten.
Da das neue Feuchtgebiet öffentlich zugänglich gemacht werden soll, sind auch die Besucher-ströme zu kanalisieren. Über einen Steg gelangen die Besucher zu den Beobachtungshütten (Hides), die die Beobachtung der Tierwelt zulassen, ohne sie zu stören. Der Steg ist in den sensi-blen Bereichen seitlich mit einem Blickschurz versehen. Entlang des Steges geben Tafeln Informa-tionen zu verschiedenen Pflanzen und Zonen des Feuchtgebietes. Da nicht alle Besucher zu Fuss oder mit dem Fahrrad kommen werden, muss an geeigneter Stelle auch ein Parkplatz erstellt
werden

Ein ehrgeiziger Zeitplan
Die Initianten sehen den Baubeginn bereits für den Winter 2003 vor. Ziel ist es, bis dahin die Finanzierung sicher zu stellen. Der Aufbau der Infrastruktur und die Bepflanzung würden dann im Frühjahr erfolgen. Nach einer ersten Orientierung letzten Sommer wurde im Januar 2002 der Trägerverein gegründet, was breites und positives Echo in Bevölkerung und Medien fand. Drei Monate später zählte der Trägerverein bereits 60 Mitglieder. In der Zwischenzeit sind auch die ersten Baupläne erstellt worden. Den zuständigen Kantonsbehörden wurde das Projekt vorgelegt und das Sponsoring ist angelaufen. Es bleiben aber viele Arbeitsstunden und Überzeugungsarbeit zu leisten, bis die Natur ihr wertvolles Refugium allmählich beziehen und die Bevölkerung ein aufgewertetes Naherholungsgebiet besuchen kann.

Weitere Informationen:
www.wangental.ch; Info@wangental.ch
Kontakt: Wangental Natur Pur
8212 Osterfingen
052 682 27 90