Mittwoch 28. Februar 2001, Schaffhauser Nachrichten

Affront gegen Natur- und Heimatschutz

In der Kontroverse für oder gegen die neue Verfassung scheint ganz übersehen zu werden, dass mit ihrer Gutheissung ein weiteres, besonderes Volksrecht klammheimlich annulliert werden soll: In den siebziger Jahren wurden Absichten bekannt, am Rhein gegenüber von Hemishofen ein neues Kernkraftwerk zu erstellen und im Schaaren eine neue Autobahnbrücke zu bauen. Etwas später wurden im Hinblick auf die Endlagerungen radioaktiver Abfälle bei Siblingen und Benken Probebohrungen vorgenommen. Die Hochrheinautobahn von Basel zum Bodensee soll durch das Wan-gental und bei Lottstetten über den Rhein geführt werden. Der Entscheid über die Verwirklichung dieser Vorhaben wird auf Bundesebene gefällt. Die betroffenen Kantone haben jedoch vorgängig Stellung zu nehmen. Gegen die genannten Absichten erwuchs in unserer Bevölkerung starker Widerstand. Da der bisher für die Stellungnahmen des Kantons zu Handen des Bundes allein zuständige Regierungsrat in diesen Fällen teilweise eine der Volksmeinung entgegengesetzte Auffassung vertrat, kam es zur Lancierung von zwei Volksinitiativen, die innert kurzer Zeit zu Stande kamen. In den Volksabstimmungen wurde der entsprechende Text mit grossem Mehr gutge-heissen und in der bisherigen Verfassung verankert. Sie setzen fest, dass die Stellungnahme des Kantons Schaffhausen zu Bundesangelegenheiten der oben genannten Art, die das Gebiet des Kantons Schaffhausen und der benachbarten Kantone betreffen, der Volksabstimmung vorzulegen ist. In der neuen Verfassung fehlt jeder Hinweis auf dieses verbriefte Volksrecht. Es wurde sang- und klanglos gestrichen. Künftig soll der Regierungsrat wieder alleine zuständig sein. Die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich vehement gegen die Beeinträchtigung unserer schönen Land-schaften eingesetzt hatten, müssen diese völlige Missachtung des gesetzlich verankerten Volkswil-lens als ungehörigen Affront, wenn nicht als Frechheit, empfinden. Einer Verfassung mit einem derartigen Geist kann nicht zugestimmt werden.

alfred huber,Schaffhausen