Dienstag 8. Januar 2002, Schaffhauser Nachrichten

Streit um Schwerverkehr im Grenzraum

Das Strassenverkehrsamt Waldshut will Transporte von Zürich in den Klettgau zu einem Umweg durch das Wangental zwingen.
VON WALTER JOOS

Die von Zürich in Richtung Klettgau fahrenden Lastwagen dürfen voraussichtlich ab dem 1. Febru-ar dieses Jahres nicht mehr über die bisher befahrene Route verkehren. Wegen der zunehmenden Verkehrsbelastung auf der Achse Wil-Bühl-Riedern-Erzingen- Trasadingen will das Strassenver-kehrsamt Waldshut den Verkehr zwischen dem Zollamt Wil-Grenze und dem zur Gemeinde Klett-gau gehörenden Ortsteil Bühl auf Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von maximal 7,5 Tonnen beschränken. Damit werden insbesondere die zwischen der Grossbaustelle der Eidgenössischen Technischen Hochschule auf dem Hönggerberg und der im Eigentum der Ernst Hablützel AG stehenden Deponie in Wilchingen hin und her pendelnden Transportfahrzeuge gezwungen, in Zukunft via Jestetten in den unteren Klettgau zu fahren.

Wesentliche Verkehrsachse
Der Umweg durch das Wangental kostet die betroffenen Transportunternehmen nicht nur mehr Zeit und Geld, sondern führt gleichzeitig auch zu einer Verlagerung der Verkehrsbelastung im Grenzgebiet. Während Erzingen vom Schwerverkehr entlastet wird, donnern die mit Aushubmaterial beladenen Transportfahrzeuge in Zukunft durch die Gemeinde Wilchingen. Gemeindepräsident Hansruedi Meier ist denn auch aus nahe liegenden Gründen über die beabsichtigte Einschränkung des Verkehrs zwischen dem Rafzerfeld und dem unteren Klettgau wenig erfreut. «Mir geht es nicht in erster Linie um ein paar Lastwagen, die künftig durch Wilchingen statt durch Erzingen fahren», erklärte er gestern gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten». Als Präsident des neuen Vereins zur Struktur- und Wirtschaftsentwicklung im unteren Klettgau wehrt er sich insbesondere gegen die Sperrung einer für die gesamte Region wichtigen Zufahrtsstrasse aus dem Grossraum Zürich. Nachdem das bis vor wenigen Jahren bediente Zollamt im Wangental auf Initiative der deutschen Behörden aufgehoben und die Strasse von Erzingen nach Wil-Grenze zur grenzüberschreitenden Verbindung erklärt wurde, kommt eine plötzliche Abkehr von dieser Lösung aus der Sicht von Hansruedi Meier nicht in Frage. Er möchte diese Achse vielmehr längerfristig durch die Einrichtung eines regelmässigen Busbetriebes zwischen dem von der S-Bahn-Linie 5 bedienten Bahnhof Hüntwangen-Wil und dem unteren Klettgau aufwerten.

Ungleiche Behandlung
Ruedi Hablützel fühlt sich als Unternehmer von den auf deutscher Seite geplanten Massnahmen ebenfalls beeinträchtigt. Die geplante Sperrung der Strasse von Bühl bis zur Landesgrenze bei Wil kostet nicht nur mehr Zeit und Geld, sondern vermindert auch die Wettbewerbsfähigkeit des unteren Klettgaus. «Mich stört vor allem die ungleiche Behandlung», erklärt Ruedi Hablützel. Zwischen der Europäischen Union und der Schweiz bestehe ein Landverkehrsabkommen, das auch die deutschen Transportunternehmen berechtigt, mit Tausenden von «40-Tonnern» durch die Schweiz zu fahren. Gleichzeitig sollen nun die Schweizer gehindert werden, auf dem kürzesten Weg von Unterneuhaus nach Eglisau zu fahren, klagt der politisch aktive Vertreter aus dem Klettgau.

Ungenügende Fahrbahnbreite
Volker Jungmann, Bügermeister der Gemeinde Klettgau, möchte die wegen der Auseinandersetzungen um die Anflugwege zum Flughafen Kloten und die im Weinland geplante Lagerung von radioaktiven Abfällen ohnehin etwas getrübten Beziehungen im Grenzraum nicht durch eine «dritte Front» belasten. Er stellt lediglich fest, dass sich die Strasse von Bühl bis zur Grenze bei Wil für den zunehmenden Schwerverkehr nicht eignet. Zum einen sei die Fahrbahn zu schmal, und zum anderen sei das Bankett zu wenig befestigt. Diese Meinung vertritt auch der Leiter des Strassen-verkehrsamtes Waldshut. Nach Peter Ackenheil haben die Schäden in den vergangenen Monaten massiv zugenommen. Bei Gegenverkehr werden die Lastwagen gewungen, auf das angrenzende Kulturland auszuweichen. Dieser Zustand sei auf Dauer nicht haltbar.