WALD UND WASSER:

WALDBEGEHUNG ZUM UNO-JAHR DES WASSERS UND ZUM INTERNATIONALEN TAG DES WALDES

Freitag 21. März 2003, Region

Das Kantonsforstamt führte im Wangental eine Waldbegehung durch.

Gestern lud das Kantonsforstamt die Presse zu einer Waldbegehung im Wangental ein, denn heute findet der Internationale Tag des Waldes statt, zudem hat die Uno das Jahr 2003 zum «Jahr des Wassers» erklärt. Das Kantonsforstamt verband die beiden Themen, um über die Leistungen des Waldes bezüglich Wasserversorgung, Wasserqualität und Gewässer als Lebensraum zu orientieren. «Ziel ist es, über die Bedeutung der Wälder zu informieren», sagt Bruno Tissi, Kantonsforstmeister, «damit ihre Leistungen als Schutzfunktion, Erholungsort, Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie Rohstoff- und Holzproduzent bekannt und stärker anerkannt werden.» Zudem soll für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder Verständnis geschaffen werden. Letztlich werde durch die höhere Wertschätzung auch die Beziehung zum Wald gestärkt.

320 Kilometer Fliessgewässer

Bruno Schmid, Kreisforstmeister, gab Auskunft über den Zustand der Fliessgewässer im Kanton Schaffhausen. «Hier, am Ernstelbach, befinden wir uns an einem der schönsten Waldbäche in unserer Region», sagt er. «Er gehört zum System der Fliessgewässer im Kanton Schaffhausen, das insgesamt eine Länge von rund 320 Kilometer aufweist. Davon befinden sich 242 Kilometer beziehungsweise 75 Prozent im offenen oder überbauten Land, 78 Kilometer verlaufen durch den Wald.» Als Methode zur Untersuchung des Zustandes der Fliessgewässer dient die ökomorpholo-gische Klassierung. «Der Unterschied zwischen Wald und offenem Land ist offensichtlich», sagt Schmid. «85 Prozent der Fliessgewässer im Wald werden als natürlich oder naturnah beurteilt, weitere 11 Prozent sind wenig beeinträchtigt. Im offenen Land werden lediglich 13 Prozent der Fliessgewässer als natürlich oder naturnah bezeichnet, 41 Prozent sind beeinträchtigt und 14 Pro-zent künstlich. Rund ein Drittel ist eingedohlt.»
«Das Grundwasser aus dem Schweizer Wald enthält im Vergleich zu anderen Wassergewin-nungsgebieten deutlich weniger Schadstoffe», erklärt Schmid, «dies, weil fast keine umweltgefähr-denden Stoffe in den Boden gelangen können und der Waldboden durch den hohen Humusgehalt eine hervorragende Filterwirkung hat.»
Von den 20 Quellen des Bachsystems im Wangental liegen 15 im Wald. Eine besonders schöne und weitgehend unbeeinflusste Juraquelle ist die Quelle des Ernstelbaches. «Dabei handelt es sich um eine Sturzquelle, bei der das Wasser unter einer Felswand heraussprudelt und in einen breiten Quellbach übergeht», erklärt Schmid.

Feuersalamander und Muscheln

Die reichhaltige Tierwelt des Lebensraums Bach zu entdecken, ist nicht einfach. Ein Grossteil der heimischen Bachbewohner führt ein Leben im Verborgenen - in Uferhöhlen, in Steinspalten, auf der Bachsohle oder in Verstecken im Uferbereich. Zu der speziellen Fauna gehören viele wirbello-se Kleintiere wie Köcherfliegen, Eintagsfliegen, Ufer- und Steinfliegen, Zweiflügler, Käfer, Was-sermilben, Plattwürmer, Schnecken, Flohkrebse, Wasserasseln und Krebse. Ebenfalls kommen verschiedene Molch-, Kröten-, Frosch- und Unkenarten vor.
«Waldbäche sind der typische Lebensraum der Larven des Feuersalamanders», sagt Herbert Bil-ling, Biologe. «Dieser ist im Kanton Schaffhausen weit verbreitet, gilt aber gesamtschweizerisch und in Baden-Württemberg als gefährdet.» Die Feuersalamanderlarven sind weitgehend die einzi-gen Amphibienlarven, die im Fliesswasser leben. Ebenfalls kommt im Seegraben die dicke Bach-muschel vor, die in ganz Mitteleuropa gefährdet und als vom Aussterben bedroht eingestuft ist. Grund für den drastischen Rückgang ist die fast flächendeckende Strukturbeeinträchtigung und Düngerbelastung der kleinen Mittellandbäche sowie unsachgemässer Bachunterhalt. Der hiesige Restbestand lässt sich durch das bewaldete Einzugsgebiet, das sauberes Wasser bewirkt, und durch den Fischbestand erklären, denn die Bachmuschel ist bei der Fortpflanzung auf Fische an-gewiesen.

Gefährliche Strassen

Amphibien leben auf dem Land und im Wasser. «Die meisten Arten verbringen den grössten Teil ihres Lebens im Wald», erklärt Billing. «Für die Fortpflanzung benötigen sie aber Kleingewässer, da die Larvenentwicklung im Wasser stattfindet. In der Fortpflanzungszeit kommt es deshalb zu den Laichwanderungen. Wenn stark befahrene Strassen überquert werden müssen, treten hohe Verluste auf, die zum Aussterben der ganzen Population führen können.» Um dies im Wangental zu vermeiden, gibt es eine hervorragende grenzüberschreitende Zusammenarbeit. «Auf der Schweizer Seite werden die Amphibienzäune durch das Tiefbauamt installiert», sagt Billing. «Auf deutscher Seite ist Reinhard Riegel aus Dettighofen zuständig. Er betreut die Anlage seit vielen Jahren ehrenamtlich und erfasst die wandernden Amphibien statistisch.»
Spezielle Pflanzenwelt
Der Waldbach hat auch eine spezielle Flora. «Am Rand finden wir meist Moose, Gräser wie Schmielen und Seggen, Pestwurz, Supfdotterblumen und Baumarten wie Schwarzerle und Wei-den», erklärt Billing. «Im Ernstelgraben gibt es den seltenen Lerchensporn-Ahornwald.» Die Bäu-me entlang eines Baches haben wichtige Funktionen: Sie dienen als Wasserspeicher, stabilisieren das Erdreich, verhindern Erosion und spenden verschiedenen Tierarten Schatten.»
(dat.)