Freitag 1. Februar 2002, Schaffhauser Nachrichten
FAKTEN UND ANSICHTEN
Törichter Streich der deutschen Behörden
Die Sperrung der Strasse von Eglisau über
Bühl nach Trasadingen ist ein Schildbürgerstreich des Landratsamtes
Waldshut.
In den letzten Wochen erfahren wir einmal mehr, auf welche Art und Weise
willkürliche Handlungen und Anordnungen einseitig von Deutschland
verfügt werden (siehe SN vom 8. und vom 26. Januar). Die Fluglärmverfügung
lässt grüssen. Um was geht es beim neusten Konflikt im deutsch-schweizerischen
Grenzgebiet: Auf der einen Seite möchten die im Bereich des Materialabbaus
tätigen Unternehmer ihre ausgebeuteten Kiesgruben wieder auffüllen.
Auf der anderen Seite sind die Baumeister froh, wenn sie Abnehmer für
ihr Aushubmaterial finden.
In Anbetracht der überschaubaren Verhältnisse stellt die vom
Landratsamt Waldshut verfügte Sperrung der Achse zwischen Eglisau
und Trasadingen für den gesamten Schwerverkehr einen absoluten Verhältnisblödsinn
dar. Die von deutscher Seite beanstandeten Transporte rollen be-kanntlich
lediglich während einer begrenzten Zeit. Eine Kiesgrube ist nämlich
auch einmal voll. Die einseitige Anordnung des Landratsamtes Waldshut
wird mit der angeblich unzureichenden Fahr-bahnbreite des 1100 Meter langen
Teilstückes zwischen dem Ortsteil Bühl und dem Zollamt Wil begründet.
Jahrelang waren diese Strassen aber genügend breit. Die Fahrten gaben
zu keinerlei Beanstandungen Anlass.
Müssen wir uns diese neuen offensichtlichen Diskriminierungen überhaupt
gefallen lassen? Müssen wir uns von Deutschland vorschreiben lassen,
wo wir fahren dürfen und wo nicht? Wie zu einer Zeit, als noch Strassenzölle
erhoben und Wegelagerer ihr Unheil trieben. Und das in einer freien Europäischen
Gemeinschaft, wo Zusammenarbeit gefragt ist. Das benachbarte Grenzgebiet
hat grösstes Interesse, dass die Schweiz - und im Besonderen der
zur Schweiz gehörende Teil des Klettgaus - näher an die Europäische
Union rückt. Und nun dies. Warum nimmt die Regierung in dieser Frage
nicht ihre Führungsrolle wahr und spricht ein Machtwort? Wollen die
zuständigen Vertreter nicht, oder können sie nicht? Sind wir
jetzt so weit, dass sich die direkt betroffenen Ge-meinden selber wehren
müssen? Dem Vernehmen nach verhandelt Gemeindepräsident Hansruedi
Meier als Vertreter von Wilchingen ohne Rückendeckung der Regierung
mit den deutschen Behör-den.
Die Gemeinden im unteren Klettgau bemühen sich, im Rahmen ihrer Aktivitäten
zur Struktur- und Wirtschaftsentwicklung alles zu tun, um nicht ins Abseits
zu geraten. Sie versuchen bessere Verkehrswege zu erschliessen. Sie kommunizieren
mit allen möglichen Partnern und Interessenten. Doch was nützen
diese Anstrengungen, wenn die Verkehrswege ausserhalb unserer Grenzen
unterbrochen werden? Die deutsche Seite muss sich die Art des Umganges
mit uns gut überlegen. Wir Schweizer könnten ja einfach den
Spiess umdrehen und die deutschen Fahrzeuge ebenfalls nicht mehr durch
unseren Teil des Klettgaus fahren lassen. So könnten plötzlich
wieder von uns verfügte neue Strassenschranken entstehen und neue
Strassenzölle erhoben werden.
Die schweren Brummer werden seit heute Freitag gezwungen, durch das Wangental
oder von Neuhausen her durch die Enge und durch Neunkirch zu rollen. Durch
Neunkirch? Mitten durch dieses einmalig schöne Städtchen? Das
darf doch nicht wahr sein. Dagegen wehren wir uns mit allen uns zur Verfügung
stehenden Mitteln, wenn nötig mit Hilfe des Bundes. Zudem sollten
wir uns als Konsumenten wieder einmal überlegen, ob es richtig und
sinnvoll ist, für den Einkauf über die Grenze nach Deutschland
zu fahren. Wollen wir unsere ohnehin geplagte Region durch den Verlust
von Kaufkraft noch weiter schwächen?
Die Geschäfte im deutschen Grenzgebiet sind auf die Kundschaft aus
der Schweiz ebenso angewiesen wie gewisse Grossverteiler diesseits der
Landesgrenze auf den Zustrom aus der deut-schen Nachbarschaft. In einem
freien Europa darf aber niemand irgendjemandem vorschreiben, welche Wege
er benützen soll und welche er nicht benützen darf. Sonst fallen
wir ins Mittelalter zurück: in die Zeit der Strassenzölle und
Wegelagerer. Wir werden das zu verhindern wissen.
Rolf Hauser, Kantonsrat,
Neunkirch
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