Samstag 2. Februar 2002, Schaffhauser Nachrichten

Verkehrskonflikt im Grenzgebiet

WALTER JOOS ZUR SPERRUNG DER ZUFAHRT VOM RAFZERFELD IN DEN UNTEREN KLETTGAU

Der Interessenkonflikt zwischen den im Klettgau niedergelassenen Unternehmen und dem Landratsamt Waldshut hat diese Woche zu einer einseitig verfügten Aufhebung der bisher bestehenden Verbindung zwischen Eglisau und Trasadingen geführt. Seit gestern ist die Landesstrasse 164 zwischen dem zur Gemeinde Wil gehörenden Grenzübergang und dem zur Gemeinde Klettgau gehörenden Ortsteil Bühl für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen gesperrt.

Da der früher dem grenzüberschreitenden Warenverkehr ebenfalls offen stehende Grenzübergang zwischen Jestetten und Osterfingen im Zuge der von den Zollbehörden der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft beschlossenen Rationalisie-rungsmassnahmen auf den 1. Juni 2000 bei gleichzeitig verlängerten Abfertigungszeiten zugunsten des Zollamts Wil geschlossen wurde, wird der zwischen dem Grossraum Zürich und der Region Klettgau hin und her rollende Schwerverkehr ab sofort gezwungen, einen vergleichsweise zeitraubenden Umweg über Neuhausen am Rheinfall in Kauf zu nehmen. Für den Grenzübergang im Wangental bedarf es einer speziellen Bewilligung durch die Zollverwaltung.

Die vom Landratsamt Waldshut angeordnete Schliessung der bisher dem Transitverkehr ohne Einschränkungen zur Verfügung stehenden Achse wird mit den zunehmenden Schäden an der vergleichsweise schmalen Fahrbahn sowie den angrenzenden Banketten auf dem etwas mehr als einen Kilometer langen Abschnitt der Landesstrasse 164 begründet. Wie viel Zeit die Behebung dieser Schäden beansprucht, ob dieser Abschnitt im Laufe dieses Jahres verbreitert und an-schliessend wieder für den Schwerverkehr geöffnet wird oder ob andere Lösungen für den grenzüberschreitenden Güterverkehr erwogen werden, blieb gleichzeitig offen. Die Tatsache, dass eine wichtige Zufahrt für die im Westen des Kantons Schaffhausen liegende Randregion gleichsam über Nacht gekappt wurde, schien lange Zeit kaum jemand zu interessieren. Im Gegenteil: Während sich die Vertreter der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen der bilateralen Verträge für eine Öffnung der Transitwege stark machen und die Mitglieder der Regierung des Kantons Schaffhausen über einem neuen Gesamtverkehrskonzept brüten und den gemeinsamen Auftritt mit Baden-Württemberg an der Expo.02 vorbereiten, versucht der Gemeindepräsident Hansruedi Meier offenbar allein auf weiter Flur, den wirtschaftlichen Schaden für Wilchingen und die übrigen Gemeinden abzuwenden. Dem engagierten Vorsitzenden des im letzten Jahr zur strukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung des unteren Klettgaus gegründeten Vereins ist es bisher allerdings nicht gelungen, die von deutscher Seite geschaffenen Fakten aufzuheben.

Angesichts der seltsamen Funkstille im Schaffhauser Rathaus - nach Auskunft von Staatsschreiber Reto Dubach will die Regierung vorerst das Ergebnis der auf lokaler Ebene laufenden Verhandlungen abwarten - ist dieser Tage Grossratspräsident Rolf Hauser der Kragen geplatzt. In scharfen Worten geisselte er gestern das Verhalten der Behörden auf der anderen Seite der Landesgrenze und stellte gleichzeitig die Frage nach möglichen Antworten auf diesen «Rückfall in die Zeit des Mittelalters» in den Raum. Damit weist der zurzeit höchste Repräsentant des Kantons Schaffhausen allerdings den falschen Weg. Wir müssen vielmehr verhindern, dass sich das bisher zu wenig beachtete Verkehrsproblem plötzlich zu einem politischen Flächenbrand ausweitet und den bereits durch die Auseinandersetzungen um veränderte Anflugwege und nukleare Lagerstätten belasteten Dialog in unserem Grenzraum gefährdet. Dazu bedarf es anstelle des einseitig verfügten Verbotes dringend einer für alle Seiten akzeptablen gemeinsame Lösung.